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Die Rolle von Empathie in der digitalen Transformation – Technologie und Menschlichkeit in Einklang bringen

Empathie als Erfolgsfaktor im KI-Zeitalter


Der digitale Wandel ist längst im Top-Management angekommen: Künstliche Intelligenz optimiert Prozesse, Algorithmen treffen Personalentscheidungen und virtuelles Arbeiten ist zur Norm geworden. Doch mitten in dieser rasanten Transformation wächst eine oft übersehene Kluft – eine Empathie-Lücke.

Technologie ist funktional und effizient, aber wo bleibt die Menschlichkeit?

Dieser Blogbeitrag beleuchtet, warum Empathie zum Schlüssel wird, um Technologie und Menschlichkeit in Einklang zu bringen. Wissenschaftliche Studien, Best Practices aus Unternehmen und Expertenstimmen untermauern die dringende Botschaft: In der digitalen Transformation braucht es einen human-centered Ansatz, der Effizienz und emotionale Resonanz verbindet.


Empathie ist kein „weiches“ Nice-to-have, sondern entwickelt sich zum harten Erfolgsfaktor im digitalen Zeitalter. Untersuchungen von McKinsey zeigen, dass Mitarbeitende, die ihre Organisation bzw. Führungskraft als empathisch wahrnehmen, seltener stressbedingt fehlen, weniger Burnout erleben, besserer mentaler Gesundheit sind und loyaler bleiben. Gleichzeitig sind sie innovativer und risikofreudiger, wenn sie sich verstanden fühlen.

Ein empathieförderndes Arbeitsumfeld ist somit ein Produktivitätstreiber – Empathie als „Workplace Superpower“. Diese Erkenntnis ist für Führungskräfte zentral, denn in Zeiten, in denen alles auf Effizienz getrimmt wird, droht leicht die Zwischenmenschlichkeit auf der Strecke zu bleiben. Doch das wäre ein fataler Irrtum, wie wir sehen werden.


Im Folgenden betrachten wir zunächst die Risiken: emotionale Entfremdung und Isolation als Kehrseite digitalisierter Prozesse. Wir analysieren, wie entmenschlichte Technologien Mitarbeiter und Kultur beeinflussen und wie Remote-Work zu sozialer Distanzierung beiträgt. Wir diskutieren die entstehende Empathie-Lücke im digitalen Wandel – warum Technologieprojekte oft an mangelnder sozialer Einbindung kranken.


KI, Digitalisierung & emotionale Entfremdung


Digitalisierung soll Prozesse verbessern und das Leben erleichtern. Doch parallel beobachten Forscher eine schleichende emotionale Entfremdung am Arbeitsplatz: Die Interaktion Mensch-Mensch wird seltener, die Kommunikation abstrakter, Beziehungen werden fragiler. KI, Automation und virtuelle Zusammenarbeit verändern die Arbeitswelt tiefgreifend – mit Ambivalenzen: Einerseits steigern sie Effizienz und Flexibilität, andererseits entstehen neue Herausforderungen für das zwischenmenschliche Miteinander.


Digitale Technologien sind meist knallhart funktional konzipiert – sie erledigen Aufgaben schnell, standardisiert und fehlerfrei. Doch häufig fehlt ihnen das, was eine menschliche Interaktion ausmacht: emotionale Tiefe, Kontextverständnis und Mitgefühl. So hilfreich Chatbots, automatisierte E-Mails oder KI-gestützte HR-Systeme sind – sie neigen dazu, Prozesse zu entmenschlichen.

Ein typisches Beispiel sind automatisierte HR-Prozesse im Personalmanagement. Bewerbungssysteme filtern Lebensläufe in Sekunden und generieren automatische Absagen. Zwar spart dies Zeit, doch Bewerber fühlen sich leicht wie eine anonyme Nummer. Kein Algorithmus drückt echtes Bedauern aus oder gibt wertschätzendes Feedback. Ein weiteres Beispiel: Standardisierte Massen-E-Mails der internen Kommunikation. Ob Willkommensnachricht an Neue oder Change-Mitteilung – oft klingen sie generisch und unpersönlich. Die wichtige menschliche Note – ein persönliches Wort des Vorgesetzten oder ein empathischer Tonfall – geht verloren. Auch Chatbots im Kunden- und Mitarbeitendenservice illustrieren die Entmenschlichung: Sie beantworten rund um die Uhr Anfragen effizient, wirken aber bei komplexen oder emotionalen Anliegen schnell kalt und mechanisch. Kunden empfinden den Kontakt mit einem rein automatisierten System oft als unpersönlich und frustrierend.


Praxisbeispiel: Bei Amazon entschied zeitweise eine KI über Einstellung und Entlassung von Logistikarbeitern, um Arbeitsaufwand in der Personalabteilung zu reduzieren – das ganze ohne jegliche menschliche Rücksprache. Per App wurden Kurierfahrer eingestellt und gekündigt, überwacht von Algorithmen, die einzig auf Leistungsdaten basierten. Mitarbeitende berichteten von automatischen Kündigungs-E-Mails und keiner Möglichkeit, mit einem Menschen zu sprechen. Folge: enorme Verunsicherung und das Gefühl, „gegen eine Maschine“ zu arbeiten, der das persönliche Schicksal gleichgültig ist.


Das Beispiel zeigt, selbst wenn Algorithmen Leistungsdaten auswerten, darf der menschliche Faktor nie fehlen. Einige Unternehmen kombinieren nun KI-gestützte Analysen mit einem empathischen HR-Dialog: Warnsignale gibt die KI, aber jeder kritische Personalentscheid wird von einer Führungskraft im Gespräch kommuniziert. So bleibt Raum für Erklärungen, Kontext und Mitgefühl – Aspekte, die kein Algorithmus liefern kann. Diese hybride Vorgehensweise vereint Effizienz mit Menschlichkeit und verhindert, dass Mitarbeitende durch unpersönliche Prozesse demotiviert oder verängstigt werden.


Die Beispiele machen deutlich, was Studien bestätigen: Zu viel Automation ohne “Human Touch” birgt Risiken. 


In der Personalführung ist Empathie unerlässlich – „Human Resources ist inhärent ein Feld, das Empathie, Verständnis und emotionale Intelligenz erfordert“. Eine rein KI-basierte HR-Interaktion „kann die Nuancen menschlicher Emotionen nicht verstehen“. Die Folge: Mitarbeitende fühlen sich disengaged und entfremdet, wenn sie nur noch mit Systemen interagieren, anstatt mit einfühlsamen Menschen.

Eine Umfrage der Deloitte Digital ergab sogar, dass Mitarbeitende ihre Arbeitgeber als 188 % weniger empathisch und menschlich wahrnehmen, sobald KI-Tools im Spiel sind. Dieses drastische Vertrauensdefizit zeigt, wie sehr unbedachte Technologie-Einführung die emotionale Bindung belasten kann.


Unternehmen müssen daher bewusst gegensteuern. Es gilt, die menschliche Note in digitalen Prozessen zurückzubringen. Praktisch heißt das zum Beispiel: Chatbots so gestalten, dass sie bei sensiblen Anliegen sofort an menschliche Mitarbeitende übergeben – mit Kontext, damit der Kunde nicht alles erneut erklären muss. Oder automatisierte Mails mit einem persönlichen Kommentar einer Führungskraft ergänzen.


Einige Firmen führen „Empathy Checks“ vor dem Versenden standardisierter Texte ein: Ein kleiner Kreis von Mitarbeitenden prüft, ob Inhalt und Ton wertschätzend wirken. Solche Ansätze kosten wenig Zeit, haben aber große Wirkung. Denn eine Maschine mag perfekt rechnen – doch Vertrauen aufbauen kann nur ein Mensch. „Kein Algorithmus kann Vertrauen so aufbauen, wie es einem Menschen gelingt“, betont etwa die HR-Expertin Nicola Callaghan. Dieses Vertrauen ist der Kitt jeder Firmenkultur. Wenn Prozesse entmenschlicht werden, bröckelt er.


Ein positives Praxisbeispiel eines empathischen KI-Einsatz zeigt IBM – Im Gegensatz zu Amazons automatisierten Kündigungen ohne menschliches Einwirken setzt IBM KI ein, um Mitarbeiter zu halten statt sie kommentarlos zu entlassen.


IBM verwendet ein auf Watson basierendes KI-Analysetool, das große HR-Datenmengen (u.a. Beförderungsdauer, Überstunden, Pendelzeit) auswertet. Das „Predictive Attrition Program“ sagt mit rund 95 % Wahrscheinlichkeit voraus, welche Mitarbeitende in den nächsten Monaten kündigen könnten. Erkennt das System ein erhöhtes Abwanderungsrisiko, werden Führungskräfte proaktiv informiert und suchen das persönliche Gespräch mit den Betroffenen, statt automatische Maßnahmen einzuleiten.


Die KI nutzt Predictive Analytics und Machine Learning, um Muster für Unzufriedenheit oder Kündigungsabsichten zu finden. Beispielsweise entdeckte das System, dass ungewöhnlich lange Verbleibszeiten in derselben Position ein Warnsignal sind. Solche Datenpunkte fließen in die Modellvorhersage ein, wobei keine sensiblen privaten Daten (wie E-Mails) ausgelesen werden – Transparenz und Datenschutz schaffen Vertrauen bei den Mitarbeitenden.


Mensch und KI arbeiten Hand in Hand. Die KI liefert objektive Analysen und Empfehlungen, doch die letzte Entscheidung liegt beim Menschen. Führungskräfte und HR ziehen die KI-Erkenntnisse zu Rate, prüfen die individuellen Hintergründe und treffen einfühlsame, faire Entscheidungen – stets in Rücksprache mit dem Mitarbeitenden. Dieses Mensch-in-der-Schleife-Prinzip stellt sicher, dass Empathie und Kontext berücksichtigt werden und keine „Black Box“-Entscheidung fällt.


Die Belegschaft erlebt den KI-Einsatz als unterstützend statt bedrohlich. Gefährdete Leistungsträger werden rechtzeitig erkannt und mit Entwicklungsplänen oder Wertschätzung zum Bleiben motiviert. In einem Fall bemerkte das Tool z.B. die stagnierende Karriere einer Ingenieurin im Vergleich zu Kollegen; der Manager bot ihr daraufhin Mentoring und neue Herausforderungen an – sie blieb dem Unternehmen erhalten. Insgesamt fördert dieser Ansatz Vertrauen, Motivation und Fairness, da Mitarbeitende nicht überraschend gekündigt, sondern aktiv gefördert oder offen informiert werden.


Stille Zunahme an Emotionaler Isolation am Arbeitsplatz


Während digitale Tools die Effizienz steigern, zahlen viele Beschäftigte einen Preis: Sie fühlen sich einsamer und isolierter. Besonders das pandemiebedingte Homeoffice und Remote-Work haben ein Paradox offenbart: Technisch sind wir verbunden, emotional oft getrennt. Der tägliche Trubel im Büro wich der Stille am Küchentisch. Das anfängliche Aufatmen über entfallene Pendelzeiten schlug bei manchen um in ein Gefühl von sozialer Wüste. Die Zunahme emotionaler Isolation im Arbeitskontext ist leise, aber messbar – und sie birgt Risiken für Gesundheit, Teambindung und Motivation.


Bereits 2021 – wenige Monate nach Beginn der großen Homeoffice-Welle – zeigte eine internationale WEF-Studie mit Ipsos, dass nahezu jeder zweite Mitarbeitende sich im Homeoffice einsam oder isoliert fühlte. Über 40 % gaben zudem an, dass ihre Produktivität zu Hause sank und es ihnen schwerfiel, ihre Arbeit zu erledigen. Ähnlich alarmierend fällt eine Gallup-Umfrage 2022 aus: Weltweit fühlte sich einer von fünf Arbeitnehmern regelmäßig einsam – bei Vollzeit-Remote-Beschäftigten war es sogar jeder vierte. Diese Daten widerlegen das Argument, Heimarbeit sei automatisch „der Traum aller Arbeitnehmer“.


Insbesondere jüngere Generationen leiden unter dem Mangel an zwischenmenschlicher Nähe: Einer McKinsey-Erhebung zufolge fürchten 81 % der unter 35-Jährigen die Einsamkeit bei langfristiger Remote-Arbeit. Selbst viele Schüler und Studierende (60 % in USA/UK) blicken sorgenvoll auf eine zukünftig überwiegend virtuelle Arbeitswelt, in der es schwerer sein könnte, Teil eines Teams zu sein oder Mentoren zu finden.


Die stille Epidemie der Einsamkeit wirkt sich direkt auf die psychische Gesundheit und Leistungsfähigkeit aus. Isolation am Arbeitsplatz kann ähnlich schädlich sein wie klassische Gesundheitsrisiken – Studien vergleichen extreme soziale Isolation gar mit den Auswirkungen von täglich 15 Zigaretten auf die Gesundheit. Vereinsamte Mitarbeitende berichten häufiger von Stress, Angstzuständen und depressiven Verstimmungen. Die fehlende Trennung von Arbeit und Privatleben im Homeoffice verstärkt das Problem: 66 % der Führungskräfte beobachteten 2020 laut BCG-Studie eine Zunahme des Stressniveaus in virtuellen Teams; 81 % stellten fest, dass viele Mühe haben, klare Grenzen zu ziehen und nach der Arbeit abzuschalten. Diese Vermischung führt zum Gefühl, ständig „an“ sein zu müssen – und raubt die Erholung. Wenn das Wir-Gefühl schwindet und gleichzeitig der individuelle Stress steigt, leidet auch die Motivation. Mitarbeitende ohne zwischenmenschliche Bindungen empfinden weniger Zugehörigkeit zum Unternehmen und sind weniger geneigt, sich über das Nötigste hinaus zu engagieren.


Auch die Teambindung und Innovationskraft stehen auf dem Spiel. In hybriden und verteilten Teams verkümmern informelle Kontakte leicht. Laut einer McKinsey-Untersuchung berichten über die Hälfte der hybriden Arbeitnehmer in Asien-Pazifik, dass sie sich zunehmend einsamer fühlen, und 68 % gaben an, weniger Arbeitsfreundschaften seit der Pandemie zu haben. Diese sozialen Netzwerke im Job – der Plausch an der Kaffeemaschine, das gemeinsame Lachen im Büro – sind aber kein Nice-to-have, sondern essentiell: Freundschaften am Arbeitsplatz steigern nachweislich die Zufriedenheit und Zusammenarbeit. In einer Studie war Arbeitnehmern ein Team mit Freunden sogar so wichtig, dass sie bereit wären, auf ~5 % Gehalt zu verzichten, um mit Menschen zu arbeiten, die ihnen etwas bedeuten. Fehlen solche Bindungen, bricht auch der informelle Wissensaustausch weg – die Innovationsfähigkeit leidet, da kreative Ideen oft im ungezwungenen Miteinander entstehen.


Die Risiken dieser Isolation sind vielfältig: neben psychischen Erkrankungen und Burnout drohen Produktivitätseinbußen und höhere Fluktuation. Eine BCG-Analyse während der Pandemie ergab eine klare Korrelation: Mitarbeitende mit besserer psychischer Verfassung konnten ihre Produktivität bei Zusammenarbeit rund doppelt so häufig halten oder steigern wie jene mit schlechterer Verfassung. Mentale Gesundheit ist somit kein „privates Thema“ mehr, sondern ein entscheidender wirtschaftlicher Faktor. Wird Vereinsamung ignoriert, zahlen Unternehmen letztlich in Form von Leistungstiefs, Fehlzeiten und dem Verlust von Talenten.


Es liegt also im ureigenen Interesse von Organisationen, gegen emotionale Isolation aktiv zu werden. Ein erster Schritt ist Bewusstsein: Führungskräfte sollten hinhören, ob Teammitglieder sich abgekoppelt fühlen. Dann helfen strukturierte Gegenmaßnahmen: Etwa virtuelle Kaffeepausen oder regelmäßige informelle Check-ins, die explizit dem sozialen Austausch dienen. Laut McKinsey empfanden über 65 % der befragten Mitarbeitenden-Netzwerkmitglieder (ERGs – Employee Resource Groups) solche Gemeinschaftsangebote als wirksam, um Zugehörigkeit aufzubauen. Firmen, die Mitarbeitenden-Communities und Interessen-Gruppen auch remote fördern, schaffen Räume für zwischenmenschliche Interaktion jenseits des Tagesgeschäfts.

Auch Mentoring-Programme oder Buddy-Systeme für Neue können Isolation abfedern. Schließlich sind hybride Modelle ein Teil der Lösung: Die Möglichkeit, sich flexibel auch mal vor Ort zu treffen – sei es für Team-Retreats, Workshops oder einfach einen gemeinsamen Arbeitstag im Monat – bietet die Chance, persönliche Bindungen aufzufrischen und neu zu knüpfen. Wenn Arbeitgeber hier investieren, senden sie ein starkes Signal: Ihr gehört weiterhin dazu.


In Summe gilt: Technologie macht das Arbeiten ortsunabhängig – doch die menschliche Nähe müssen wir bewusst gestalten. Emotionales Wohlbefinden ist kein Luxus, sondern Voraussetzung für nachhaltige Performance. Die stille Isolation zu durchbrechen, erfordert Empathie von Führungskräften und kreative Ansätze für virtuelles Miteinander. Es ist Aufgabe der Organisation, dafür den Rahmen zu setzen. Dann kann Remote-Arbeit die versprochene Win-win-Situation sein – produktiv und verbunden.

Die „Empathie-Lücke“ im digitalen Wandel


Warum entsteht in vielen Digitalisierungsprojekten eine Empathie-Lücke? Weil technische Entwicklung allzu oft ohne soziale Mitgestaltung abläuft. Unternehmen investieren Millionen in neue Software, KI oder Prozesse – aber vernachlässigen die einfachen Fragen: Wie fühlen sich die Menschen dabei? Werden die Betroffenen eingebunden? Wenn Technikentwicklung allein von Ingenieuren und Effizienzgedanken getrieben ist, bleibt der Mensch außen vor. Genau hier klafft in vielen Transformationsinitiativen eine gefährliche Lücke: Technik kann etwas können – doch ob Menschen sie annehmen und sinnvoll nutzen, entscheidet der Faktor Empathie.


Debbie Vavangas, Vice President bei IBM Consulting, bringt es auf den Punkt: Einer der Hauptgründe, warum digitale Transformationen scheitern, ist, dass Organisationen die Menschen dahinter nicht ausreichend berücksichtigen. Zu oft werde bei Automation und KI der Eindruck erweckt, man wolle den „menschlichen Faktor“ aus dem Prozess entfernen – als wäre der Mensch nur ein Störfaktor, den es effizient zu überwinden gilt. „Wenn man die eigenen Leute nicht mitdenkt, ist jede Innovation zum Scheitern verurteilt“, warnt Vavangas.

In der Tat: Nicht die Technik selbst scheitert, sondern die fehlende menschliche Akzeptanz.


Digitale Transformation funktioniert auf der Ebene der Menschen – es geht darum, Erlebnisse so zu gestalten, dass sie von den Mitarbeitern und Kunden angenommen werden.

Viele Organisationen wissen zwar, dass „People matter“, doch im Eifer des Digitalisierens geraten die Bedürfnisse der Stakeholder ins Hintertreffen. Solange Investitionen in neue Tools nicht an den Präferenzen der Nutzer ausgerichtet sind, bleibt der Mehrwert aus. Gartner-Studien zufolge verpuffen deshalb bis zu 70 % der Digitalisierungsinitiativen teilweise oder ganz – nicht wegen technischer Mängel, sondern aufgrund von Akzeptanzproblemen und kulturellen Barrieren. Das alte Sprichwort „Culture eats strategy for breakfast“ bewahrheitet sich digital umso mehr: Ohne mitziehende Menschen ist jede Tech-Strategie wertlos.


Die Empathie-Lücke zeigt sich etwa, wenn Unternehmen neue Software ohne Anwenderschulungen oder Change-Begleitung einführen. Mitarbeiter werden vor vollendete Tatsachen gestellt, Anforderungen explodieren – Frust entsteht. In einer Trust-Umfrage 2023 fühlten sich Beschäftigte von der Geschwindigkeit des KI-Einsatzes überfahren und reagierten mit Misstrauen; viele sorgten sich um ihre Rolle und Zukunft. Widerstand ist die natürliche Reaktion, wenn Digitalisierung als Top-down-Verordnung ohne Mitsprache erlebt wird. So entsteht ein Teufelskreis: Das Management interpretiert zögerliche Nutzung als „Fehler der Belegschaft“ – und erhöht den Druck, anstatt innezuhalten und Empathie aufzubringen.


Dabei gibt es längst ein Gegenmodell: die Human-Centered Digital Transformation. Diese stellt von Beginn an den Menschen ins Zentrum – sei es Mitarbeiter, Kunde oder Bürger. Konkret bedeutet das, schon bei der Konzeption neuer digitaler Lösungen systematisch User Research zu betreiben. „Ich glaube aus tiefstem Herzen an die Macht von Nutzerforschung für den Erfolg von Transformationen“, betont Vavangas und empfiehlt qualitative Interviews und die Einbeziehung von Nutzer-Feedback als Standard. So lassen sich Ängste, Bedürfnisse und Stolpersteine früh identifizieren. Veränderung wird mit den Menschen gestaltet, nicht an ihnen vorbei. In der Praxis setzen führende Unternehmen auf Methoden wie Design Thinking Workshops mit gemischten Teams aus IT und Fachbereichen, Personas und Empathy Maps, um die Perspektive der Endanwender greifbar zu machen.


Die Fraunhofer-Gesellschaft unterstützt diesen Ansatz aktiv. Ein Beispiel ist das Projekt „Mittelstand-Digital Zentrum Fokus Mensch“, das KMUs dabei hilft, Digitalisierung menschzentriert zu gestalten. Das Fraunhofer IAO betont, je schneller sich KI und Technologien entwickeln, desto wichtiger sei es, „die Rolle des Menschen im Blick zu behalten“. Menschzentrierte Innovation bedeutet hier, Mitarbeitende frühzeitig einzubinden, Methoden der Usability und User Experience anzuwenden und Technik so zu gestalten, dass sie positiv erlebt werden kann. Die Resonanz ist eindeutig: In über 100 Pilotprojekten zeigte sich, dass Akzeptanz und Zufriedenheit deutlich steigen, wenn Mitarbeiter mitgestalten können und die Anwendung ihren Arbeitsalltag erleichtert statt erschwert.


Eine empathische digitale Transformation berücksichtigt auch die Sorgen der Belegschaft. Viele Mitarbeitende haben ambivalente Gefühle gegenüber technologischen Umwälzungen: Sie wissen einerseits, dass sie mit der Zeit gehen müssen – insbesondere Millennials und Gen Z erwarten moderne Tools. Andererseits fürchten sie um ihre Jobs oder fühlen sich überfordert. Ein empathischer Wandel nimmt diese Gefühle ernst. Kommunikation ist hier zentral: Transparente Informationen, Warum die Veränderung erfolgt, wie die neue Technologie konkret nützt („What’s in it for me?“), und wie man die Menschen schult und begleitet. Unternehmen sollten Weiterbildung und Reskilling proaktiv anbieten, um Ängste abzubauen. Die Empirie zeigt, dass Organisationen, die ihre Mitarbeiter in der digitalen Transformation unterstützen, deutlich höhere Erfolgsquoten haben.

Letztlich ist eine Brücke zwischen Technik und Empathie zu bauen. Das heißt keineswegs, Effizienzziele zu vernachlässigen – vielmehr erkennt man, dass Effizienz langfristig nur mit engagierten, verstandenen Mitarbeitenden möglich ist. Eine IBM-Analyse betont, dass digitale Investitionen nur dann Wert schaffen, wenn sie auf die Bedürfnisse der Stakeholder abgestimmt sind. Werden neue Arbeitsweisen für die Belegschaft zur Qual, „unraveln“ selbst ambitionierte Transformationspläne. Es lohnt sich also, die weichen Faktoren hart zu managen: Kultur, Change-Management und Empathie sind keine Beiwerke, sondern die Erfolgsfaktoren der digitalen Ära.


Praxisbeispiel: Microsofts empathische Innovationskultur:

Als Satya Nadella 2014 CEO von Microsoft wurde, stand der Tech-Gigant kulturell am Scheideweg. Nadella verordnete dem Konzern einen radikalen Kulturwandel – weg von interner Konkurrenz hin zu offener Zusammenarbeit. Sein zentrales Leitmotiv: Empathie. Nadella betont: „Empathie macht dich zu einem besseren Innovator“. Er spricht aus persönlicher Erfahrung – die Geburt seines behinderten Sohnes lehrte ihn Mitgefühl, was er erfolgreich in die Unternehmensführung übertrug. Unter Nadella begann Microsoft, Produkte konsequent aus Kundenperspektive zu denken. Die Frage lautete stets: Was sind die unbefriedigten, unausgesprochenen Bedürfnisse der Nutzer? Dieser empathische Blickwinkel führte zu Produkten wie dem barrierefreien Controller für Gamer mit Behinderung oder KI-gestützten Tools, die Entwicklern Routinejobs abnehmen. Die Ergebnisse geben ihm Recht: Microsoft erlebte eine Innovationsrenaissance und wurde 2021 als eines der „Most Innovative Companies“ ausgezeichnet. Parallel dazu stieg der Global Empathy Index des Unternehmens. Dieses Ranking, das Empathie in Unternehmen anhand von Mitarbeiter- und Kundenfeedback sowie sozialem Engagement misst, zeigt einen direkten Zusammenhang zwischen Empathie und geschäftlichem Erfolg. Nadella hat Empathie zur Kernkompetenz erklärt – und bewiesen, dass selbst ein Tech-Konzern damit nicht „soft“, sondern erfolgreicher wird. Microsofts Transformation gilt heute als Blaupause dafür, wie man in der digitalen Welt Menschlichkeit und High-Tech vereint.


Die Lehre aus solchen Best Practices: Digitale Transformation braucht Empathie von Anfang an. Unternehmen tun gut daran, die Perspektive der Betroffenen früh mitzudenken und sie als Mitgestalter einzuladen. So wird aus Widerstand Beteiligung und aus Angst Neugier. Human-centered zu digitalisieren heißt nicht, auf Technik zu verzichten – sondern sie so zu implementieren, dass sie von Menschen mitgetragen wird. Dann verschwindet die Empathie-Lücke und macht Platz für eine Transformation, in der Technik und Menschlichkeit gemeinsam Erfolg haben.


 
 
 

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